I 613 Fa. Boltze, Salzmünde, und Fa. Wentzel, Teutschenthal, 1782-1950 (Bestand)[Location: Merseburg]

Archive plan context


Identifikation

Signatur:I 613
Benutzungsort:Merseburg

Form-/Inhaltsangaben

Titel:Fa. Boltze, Salzmünde, und Fa. Wentzel, Teutschenthal
Laufzeit/Datum (detailliert):1782, 1818 - 1950
Weitere Hilfsmittel (PDF):siehe unten unter »Dateien« Zwangsarbeiterinventar
Laufmeter:1.80
Findhilfsmittel:Findbuch 2014 (online recherchierbar)
Registraturbildner:Firma J. G. Boltze, Salzmünde:
Johann Gottfried Boltze aus Fienstedt betrieb vor allem Getreide- und Tonerdehandel, bevor er sich der Landwirtschaft, speziell dem Zuckerrübenanbau, widmete. Mit der Herstellung von Erzeugnissen in einer eigenen Ziegelei war es ihm 1847 möglich, die erste Zuckerfabrik in Salzmünde bauen zu lassen, dazu 1855 eine Spiritusbrennerei. 1859 erreichte Boltze, dass die Versuchsstation des landwirtschaftlichen Zentralvereins der Provinz Sachsen aus Ortrand auf sein Gut in Salzmünde umsiedelte. Er begründete neben der Arbeiter-Bildungsanstalt in Quillschina auch soziale Einrichtungen (Kranken- und Invalidenhaus, Kindergarten) und Stiftungen.
Zwischen 1835 und 1868 erwarb Boltze umfangreichen Grundbesitz v.a. in Salzmünde, Quillschina, Gödewitz, Höhnstedt, Räther, Teutschenthal, Benkendorf, Schiepzig, Krimpe und das Gut Boltzenhöhe. Leopold August Julius von Zimmermann (sen.) aus Rothenburg (Saale), wurde zunächst Firmenteilhaber und späterer Nachfolger Gottfried Boltzes. Julius von Zimmermann (jun.) führte das Unternehmen ab 1875 weiter. Durch Erbfall wurde dessen Schwester Ella Wentzel (Teutschenthal) 1915 alleinige Besitzerin. Ihr Ehemann Carl Wentzel leitete die Firma Boltze von da an als Handelsgesellschaft gemeinsam mit seiner eigenen Firma C. Wentzel. Die Firmen blieben jedoch eigenständige Unternehmen.
1931 übernahm Carl-Friedrich Wentzel (Fienstedt) die Leitung und Verwaltung des Boltze-Besitzes. Er verlegte 1936 den Firmenhauptsitz nach Schloss Schochwitz.

Firma C. Wentzel, Teutschenthal:
Georg Philipp Wentzel aus Löderburg pachtete Ende des 18. Jh. das Oberamt Schraplau und erwarb wenig später das Freigut Oberröblingen. 1811 pachtete er die Domäne Brachwitz mit dem Vorwerk Langenbogen. Sein Sohn Carl Emil Wentzel ließ dort 1848 eine Zuckerfabrik bauen und erwarb um 1858 einige Ländereien in und um Teutschenthal, wo auch der Familiensitz entstand. Sein Nachfolger Carl Wentzel (sen.) vergrößerte den landwirtschaftlichen Besitz weiter und ließ 1883 die Firma im Handelsregister Halle eintragen. Carl Wentzel jun. führte ab 1907 das Rittergut Teutschenthal mit seinem Bruder Curt als offene Handelsgesellschaft, bevor er 1911 alleiniger Besitzer wurde.
Gezüchtet wurden u. a. Merino-Fleischschafe und Edelschweine. Die in der Boltze-Wentzel’schen Saatzuchtanstalt Teutschenthal-Salzmünde gewonnenen Gemüse- und Getreidesaaten vertrieb man über eine Saatzucht-Verkaufs-GmbH in Berlin.
Carl Wentzel (jun.) war Vorsitzender der Vereinigung Mitteldeutscher Rohzucker-fabriken (Vemiro), Aufsichtsratsvorsitzender der Zuckerraffinerien Halle und Rositz, der Zuckervertriebsgesellschaft Halle-Rositz-Holland AG und der Zuckerkreditbank AG, Vorsitzender des Grubenvorstands der Gewerkschaft Bruckhof-Nietlebener Bergbauverein und Mitglied in Aufsichts- und Verwaltungsräten verschiedener Gesellschaften und Banken.
Nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wurde das gesamte Vermögen der Eheleute Wentzel beschlagnahmt und enteignet, doch erhielt Ella Wentzel den Boltze-Besitz wenig später zurück. Am 3. Mai 1945 hob die amerikanische Besatzungsmacht Urteil und Enteignung auf und übergab das gesamte Eigentum an Carl-Friedrich Wentzel. Durch Befehl Nr. 64 der Sowjetischen Militäradministration und Bodenreform kam es wenig später zur erneuten Enteignung des gesamten Besitzes. Mit Anordnung Nr. 470 vom 30. April 1946 (aufgehoben 11. Febr. 1949) des Präsidenten der Provinz Sachsen wurden die Unternehmen unter dessen unmittelbare Aufsicht und Verfügungsgewalt gestellt.

Die Firma C. Wentzel galt mit Eintrag vom 28.
Sept. 1950 im Handelsregister Eisleben als erloschen. Für die Firma J. G. Boltze lief die Frist gegen die beabsichtigte Löschung im Handelsregister Halle zum 1. Juli 1952 unwidersprochen ab.
Der landwirtschaftlich und industriell genutzte Besitz wurde in Volkseigentum übergeführt und daraus verschiedene LPG, VEB und VEG gebildet (z. B. VEB Zuckerfabrik Langenbogen, VEG Salzmünde, LPG Teutschenthal).
Bestandsinformationen:Die Hintergründe der Abgabe des Firmenschriftguts der Unternehmen Boltze und Wentzel an das ehemalige Staatsarchiv Magdeburg, der möglicherweise um 1968 erfolgte, lassen sich nicht ermitteln. 1993/94 wurden die Unterlagen an das neugegründete Landesarchiv Merseburg abgegeben.
Eine erste archivische Bearbeitung und Erfassung des Bestandes erfolgte 2005.
2014 wurde das Schriftgut neu verzeichnet. Kassationen erfolgten nicht.
Zusatzinformationen:Die Sach- und Lebensversicherung Sachsen-Anhalt (ab 1952 DVA der DDR) pachtete kurzzeitig das Schloss Teutschenthal, doch übernahm es kurze Zeit später das Land Sachsen-Anhalt und gründete dort eine Agraringenieurschule, die bis Anfang der 1990er Jahre bestand. Noch vorhandenes Inventar übergab man als Leihgaben an Museen, staatliche Einrichtungen und an die Sach- und Lebensversicherung.

Korrespondiende Bestände:
LHASA, H 24 Gutsarchiv Benkendorf (1652-1938)
LHASA, H 209 Gutsarchiv Schochwitz (1608-1887)
LHASA, H 229 Gutsarchiv Teutschenthal (1592-1937).

Ergänzende Literatur:
Mettenheim, Andreas von (2020): Carl Wentzel-Teutschenthal 1876-1944 : ein Agrarunternehmer im Widerstand. Berlin : Lukas Verlag.
Scherf, Eva (2018): Aufstieg und Fall. Carl Wentzel und sein Agrarunternehmen. Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte Nr. 37/38.
Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V. (2004): Erfolgreiche Agrarunternehmer in Sachsen-Anhalt : Johann Gottfried Boltze und Carl Wentzel ; Protokoll der wissenschaftlichen Tagung vom 7. Juni 2002 in Salzmünde.
C. Wentzel Teutschenthal-Salzmünde (Eigenverlag, ca. 1925)
Schmidt, Georg (1916): Das Geschlecht Wentzel. Halle : Buchdr. d. Waisenhauses.
 

Files

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